EtG im Haar ist einer der wichtigsten Marker, um Alkoholkonsum über mehrere Monate nachzuweisen. In Deutschland richten sich die Grenzwerte dabei überwiegend nach den Empfehlungen der Society of Hair Testing (SoHT).
Entscheidend ist immer die Fragestellung: Geht es um einen strengen Abstinenznachweis, etwa für die MPU, oder „nur“ um die Einordnung des Konsumniveaus? Der folgende Beitrag erklärt die in Deutschland üblichen Grenzbereiche, zeigt, wie Labore und Behörden sie nutzen und warum schon kleine Unterschiede beim Messergebnis große Auswirkungen haben können.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Das Wichtigste in Kürze
- 2 Welche Grenzwerte für EtG im Haar gelten in Deutschland je nach Fragestellung?
- 2.1 EtG im Haar: Warum Grenzwerte von der Fragestellung abhängen
- 2.2 Rolle der Society of Hair Testing (SoHT) und deutsche Praxis
- 2.3 Grenzwerte beim Abstinenznachweis: Warum 5 pg/mg so entscheidend sind
- 2.4 EtG-Grenzwerte zur Einordnung des Alkoholkonsums
- 2.5 Vorrang von Labor- und Behördenvorgaben bei der Bewertung
- 2.6 Einfluss von Haarlänge, Kosmetik und individuellen Faktoren
- 2.7 Typische Anwendungsbereiche: MPU, familienrechtliche und medizinische Einschätzung
- 2.8 Der Graubereich (7–30 pg/mg)
- 2.9 Einfluss von Kosmetika
- 2.10 Das Telogene Phase-Problem
- 3 Fazit: EtG-Grenzwerte im Haar richtig einordnen
Das Wichtigste in Kürze
- Die Grenzwerte für EtG im Haar orientieren sich in Deutschland weitgehend an den Empfehlungen der Society of Hair Testing (SoHT).
- Für Abstinenznachweise gilt in der Regel: Unter 5 pg/mg Haar wird als mit Abstinenz vereinbar gewertet, ab 5 pg/mg als Hinweis auf relevanten Alkoholkonsum.
- Zur Einordnung des Konsums werden meist drei Bereiche unterschieden: <5 pg/mg, etwa 5–30 pg/mg und >30 pg/mg.
- EtG-Werte von etwa 5–30 pg/mg sprechen für moderaten, regelmäßigen Konsum, Werte über 30 pg/mg für chronisch erhöhten bzw. missbräuchlichen Konsum (High-Risk-Drinking).
- Vorgaben von Labor oder Behörde sowie Faktoren wie Haarlänge, Kosmetik und individuelle Unterschiede sind für die Bewertung immer entscheidend.
Welche Grenzwerte für EtG im Haar gelten in Deutschland je nach Fragestellung?
In Deutschland orientieren sich die EtG-Grenzwerte im Haar an Empfehlungen der Society of Hair Testing. Für einen Abstinenznachweis werden meist Werte unter 5 pg/mg als negativ bzw. mit Abstinenz vereinbar gewertet, während Werte ab 5 pg/mg als Hinweis auf relevanten Alkoholkonsum gelten. Zur Einordnung des Konsumniveaus sprechen EtG-Werte von etwa 5–30 pg/mg für moderaten, regelmäßigen Konsum und Werte über 30 pg/mg für chronisch erhöhten bzw. missbräuchlichen Alkoholkonsum.
EtG im Haar: Warum Grenzwerte von der Fragestellung abhängen
EtG im Haar dient nicht nur einem einzigen Zweck. Es gibt unterschiedliche Fragestellungen, und genau daran orientieren sich die Grenzwerte. Manchmal soll nur nachgewiesen werden, ob eine Person in einem bestimmten Zeitraum abstinent war. Ein anderes Mal geht es darum, das ungefähre Ausmaß des Alkoholkonsums zu beschreiben.
Deshalb unterscheiden Gutachter klar zwischen Abstinenznachweis und Konsumklassifikation. Für jede dieser Aufgaben braucht es andere Entscheidungsgrenzen. Die Empfehlungen der Society of Hair Testing bilden die Grundlage, werden aber in Deutschland praxisnah angepasst. So entstehen Grenzwerte, die sowohl wissenschaftlich als auch forensisch sinnvoll sind.
Rolle der Society of Hair Testing (SoHT) und deutsche Praxis
Die Society of Hair Testing (SoHT) ist ein internationales Expertengremium. Es erarbeitet Empfehlungen, wie Substanzen in Haaren untersucht und interpretiert werden sollen. Diese Empfehlungen sind kein Gesetz, werden aber in vielen Ländern als Standard genutzt.
In Deutschland orientieren sich Labore und Gutachter bei EtG-Grenzwerten im Haar meist an diesen Leitlinien. Gleichzeitig passen sie die Werte an die Anforderungen von Gerichten, Führerscheinstellen und medizinischen Fragestellungen an.
So entsteht eine einheitliche Orientierung, die aber je nach Labor leicht variieren kann. Wichtig ist daher immer der konkrete Befundbericht. Dort ist vermerkt, welche Grenzwerte angewendet wurden und wie das Ergebnis zu verstehen ist.
Grenzwerte beim Abstinenznachweis: Warum 5 pg/mg so entscheidend sind
Für einen strengen Abstinenznachweis, etwa im Rahmen einer MPU, ist der Grenzwert von 5 pg/mg zentral. Ein EtG-Wert im Haar unterhalb von 5 pg/mg wird in der Regel als negativ gewertet. Das bedeutet: Der Befund gilt als mit Abstinenz oder nur sehr geringem, nicht relevantem Konsum vereinbar.
Liegt der Wert bei 5 pg/mg oder höher, werten viele Stellen das als Hinweis auf relevanten Alkoholkonsum. Dann ist der Befund für einen lückenlosen Abstinenznachweis normalerweise nicht mehr akzeptabel.

Zur Übersicht wird dieser Bereich häufig so dargestellt:
| Fragestellung | EtG-Konzentration im Haar | Typische Bewertung |
|---|---|---|
| Abstinenznachweis (z.B. MPU) | < 5 pg/mg | Vereinbar mit Abstinenz oder sehr geringem Konsum, „negativ“ |
| Abstinenznachweis (z.B. MPU) | ≥ 5 pg/mg | Hinweis auf relevanten Alkoholkonsum, kein strenger Abstinenznachweis |
Dieser Grenzwert ist daher besonders kritisch. Schon ein geringer Überschuss kann in der forensischen Praxis große Folgen haben. Trotzdem wird ein Wert knapp über oder knapp unter 5 pg/mg nie isoliert betrachtet. Immer zählt das Gesamtbild mit weiteren Befunden und der klinischen Einschätzung.
EtG-Grenzwerte zur Einordnung des Alkoholkonsums
Neben dem reinen Ja-/Nein-Nachweis der Abstinenz interessiert oft das Ausmaß des Konsums. Dafür werden EtG-Werte im Haar in verschiedene Bereiche eingeteilt. Ein Bereich liegt etwa zwischen 5 und 30 pg/mg. In diesem Spektrum spricht man in der Regel von moderatem, aber regelmäßigem Alkoholkonsum.
Werte oberhalb von 30 pg/mg gelten dagegen als Hinweis auf chronisch erhöhten oder missbräuchlichen Konsum. Dieser Bereich wird häufig mit High-Risk-Drinking gleichgesetzt und entspricht etwa mehr als 60 g Alkohol am Tag.
| EtG-Konzentration im Haar | Interpretation des Konsums |
|---|---|
| < 5 pg/mg | Kein oder nur sehr geringer Konsum, vereinbar mit Abstinenz |
| ca. 5–30 pg/mg | Moderater, regelmäßiger Alkoholkonsum |
| > 30 pg/mg | Chronisch erhöhter / missbräuchlicher Konsum (High-Risk-Drinking) |
Diese Bereiche helfen Gutachtern, das Konsummuster besser zu beschreiben. Allerdings sind sie keine „starren Schubladen“. Ein einzelner Wert muss immer in Zusammenhang mit der Vorgeschichte, weiteren Laborparametern und der Gesamtsituation gesehen werden.
Vorrang von Labor- und Behördenvorgaben bei der Bewertung
In der Praxis gilt: Maßgeblich sind immer die Vorgaben des Labors oder der zuständigen Behörde. Diese können die genannten Grenzbereiche konkretisieren oder leicht verschieben. Eine MPU-Stelle oder Führerscheinstelle kann zum Beispiel klar festlegen, dass für den Nachweis von Alkoholabstinenz Werte unter 5 pg/mg gefordert werden. Labore formulieren in ihren Befundberichten oft genaue Entscheidungskriterien.
Dort steht dann etwa, ab welcher Konzentration ein Befund als „positiv“ oder „negativ“ gewertet wird. Gerichte orientieren sich in ihren Entscheidungen ebenfalls an solchen Vorgaben. Deshalb ist es wichtig, die jeweiligen Richtlinien im Einzelfall zu kennen. Allgemeine Grenzwerte bieten nur den Rahmen, ersetzen aber nicht die konkrete Auslegung im Verfahren.
Einfluss von Haarlänge, Kosmetik und individuellen Faktoren
EtG-Werte im Haar wirken auf den ersten Blick sehr eindeutig. Dennoch gibt es viele Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen können. Ein wichtiger Punkt ist die Haarlänge. Für forensische Fragestellungen wird meist nur ein Abschnitt von bis zu 3 cm nahe der Kopfhaut untersucht. Dieser Abschnitt repräsentiert ungefähr die letzten drei Monate. Längere Abschnitte würden sich über mehrere Zeiträume erstrecken und die Einordnung erschweren.
Auch kosmetische Behandlungen spielen eine Rolle. Häufiges Färben, Bleichen oder Dauerwellen können die EtG-Konzentration im Haar verändern. In manchen Fällen wird der Wert dadurch abgesenkt. Dadurch kann ein Konsum unterschätzt werden. Hinzu kommen individuelle Unterschiede, etwa in der Haarstruktur oder im Stoffwechsel.
Deshalb mahnen Fachleute zur Vorsicht, wenn ein Wert ganz knapp unter oder über dem Grenzwert von 5 pg/mg liegt. In solchen Fällen sollte das Ergebnis immer im Gesamtzusammenhang interpretiert werden. Dazu gehören der vollständige Befundbericht, weitere Nachweise (zum Beispiel Urin-Screenings) und die klinische Beurteilung.
Typische Anwendungsbereiche: MPU, familienrechtliche und medizinische Einschätzung
EtG-Haaranalysen mit den beschriebenen Grenzwerten kommen in mehreren Bereichen zum Einsatz. Besonders bekannt ist der Einsatz im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU). Hier geht es häufig darum zu prüfen, ob eine Person über einen längeren Zeitraum wirklich abstinent gelebt hat.
Daneben gibt es familienrechtliche Verfahren, etwa bei Sorgerechtsfragen. In solchen Fällen interessiert vor allem, ob ein riskanter oder missbräuchlicher Alkoholkonsum vorliegt. Auch in der rein medizinischen Diagnostik können EtG-Haaranalysen hilfreich sein. Sie unterstützen Ärzte dabei, Alkoholprobleme objektiver einzuschätzen.
In jedem dieser Felder werden die gleichen grundsätzlichen Grenzwerte genutzt. Die Interpretation kann sich aber je nach Ziel der Untersuchung etwas unterscheiden.
Der Graubereich (7–30 pg/mg)
Was bedeutet ein EtG-Wert zwischen 5 und 30 pg/mg? Ein EtG-Wert in diesem Bereich belegt zwar keine Abstinenz, ist aber für die MPU nicht zwangsläufig das Aus. Dieser Korridor deutet auf einen moderaten Alkoholkonsum („sozialen Konsum“) hin. Wenn Ihre MPU-Strategie auf „Kontrolliertes Trinken“ (KT) ausgelegt ist, kann dieser Wert akzeptabel sein.
Wichtig ist jedoch, dass dieser Befund mit Ihren Aussagen beim Psychologen übereinstimmt. Wer vollkommene Abstinenz behauptet, aber einen Wert von 15 pg/mg aufweist, verliert seine Glaubwürdigkeit. Klären Sie daher vorab genau, welches Ziel Sie verfolgen: Abstinenz (Pflicht < 7 pg/mg) oder Verhaltensänderung.
Einfluss von Kosmetika
Vorsicht Falle: Hohe EtG-Werte durch Haarpflege Ein häufig unterschätztes Risiko für einen zu hohen EtG-Wert sind alkoholhaltige Pflegeprodukte. Haarsprays, Gele oder Haarwasser enthalten oft Industriealkohol, der von außen in das Haar eindringen kann.
Obwohl moderne Labore Waschverfahren anwenden, um äußerliche Anhaftungen zu entfernen, kann eine massive Nutzung den Messwert verfälschen und über den Grenzwert von 5 pg/mg heben. Um Ihre EtG Haaranalyse nicht zu gefährden, sollten Sie während des Abstinenzzeitraums konsequent auf alkoholfreie Kosmetika umsteigen und dies im Zweifelsfall bei der Probenentnahme protokollieren lassen.
Das Telogene Phase-Problem
Warum Sie länger warten sollten: Das „Schlafhaar“-Risiko Haare wachsen nicht alle gleichzeitig. Etwa 10–15 % unserer Kopfhaare befinden sich in der sogenannten telogenen Phase (Ruhephase). Diese Haare wachsen nicht mehr, fallen aber erst nach 2–6 Monaten aus. Das Problem: Diese „Schlafhaare“ speichern noch das EtG aus der Zeit vor Ihrer Abstinenz.
Wenn Sie sofort nach dem letzten Glas Alkohol mit der Abstinenzzeit rechnen, können diese alten Haare den Durchschnittswert ruinieren. Experten empfehlen daher einen Sicherheitszuschlag von mindestens 2 bis 3 Monaten strikter Abstinenz bevor Sie die erste Haarprobe für die rückwirkende Analyse abgeben.
Fazit: EtG-Grenzwerte im Haar richtig einordnen
EtG im Haar liefert einen sehr starken Hinweis auf das Trinkverhalten der letzten Monate – aber nur, wenn die Grenzwerte korrekt eingeordnet werden. Unter 5 pg/mg spricht vieles für Abstinenz, ab 5 pg/mg eher für relevanten Konsum, und über 30 pg/mg meist für Hochrisikotrinken.
Gleichzeitig entscheiden Laborvorgaben, Behördenrichtlinien und individuelle Einflussfaktoren über die endgültige Bewertung. Wer eine MPU, ein familienrechtliches Verfahren oder eine medizinische Begutachtung vor sich hat, sollte die Regeln kennen. So lassen sich Überraschungen vermeiden – und die eigenen Chancen gezielt verbessern.
Quellen:
- LADR Laborverbund: Fahreignungsdiagnostik und MPU Grenzwerte
- GTFCh (Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie): Untersuchungen zu Alkoholmarkern
- TÜV Hessen: Häufige Fragen zum Abstinenzbeleg über Haaranalyse
FAQ
Wie hoch ist der Grenzwert für Alkoholabstinenz in den Haaren?
Der offizielle Cut-off-Wert für die Bestätigung von Alkoholabstinenz liegt bei 7 pg/mg (Pikogramm pro Milligramm) Ethylglucuronid (EtG). Jeder Wert unterhalb dieser Schwelle gilt als negativer Befund und somit als Nachweis der Abstinenz.
Kann ich mit einem Wert von 15 pg/mg die MPU bestehen?
Ja, aber nur, wenn Sie nicht Abstinenz, sondern kontrolliertes Trinken geltend machen. Ein Wert zwischen 7 und 30 pg/mg deutet auf moderaten Konsum hin, was bei manchen MPU-Fragestellungen zulässig ist.
Verfälscht Haarfärbung den EtG-Wert?
Ja, chemische Behandlungen wie Färben, Tönen oder Bleichen können den EtG-Gehalt im Haar drastisch reduzieren, was das Ergebnis verfälscht. Labore erkennen dies oft an der Haarstruktur und können die Probe als „nicht verwertbar“ ablehnen.
Wie weit kann man Alkohol in den Haaren nachweisen?
Für die MPU sind maximal 3 cm Haarlänge zulässig, was einem Zeitraum von 3 Monaten entspricht. Längere Segmente werden für Alkohol nicht akzeptiert, da EtG mit der Zeit ausgewaschen wird („Auswascheffekt“).
Warum wird bei Drogen 6 cm, bei Alkohol aber nur 3 cm Haar analysiert?
Alkohol-Marker (EtG) sind wasserlöslich und instabiler als Drogenrückstände, weshalb sie durch tägliches Haarewaschen mit der Zeit aus den Haarspitzen verschwinden. Um falsche Negativ-Ergebnisse zu vermeiden, ist der Zeitraum auf 3 Monate (3 cm) begrenzt.
Kann passives Trinken (Dämpfe, alkoholfreies Bier) den Wert erhöhen?
Der Konsum von „alkoholfreiem“ Bier (bis 0,5% Vol.) in großen Mengen kann theoretisch zu messbaren EtG-Werten führen. Auch das Einatmen von Alkoholdämpfen über lange Zeit kann Spuren hinterlassen, führt aber selten über den 7 pg/mg Grenzwert.
Was kostet eine EtG-Haaranalyse?
Die Preise variieren je nach Labor und Anbieter, liegen aber in der Regel zwischen 80 und 150 Euro pro Analyse. Achten Sie darauf, dass das Labor nach DIN ISO/IEC 17025 für forensische Zwecke akkreditiert ist.
Kann man EtG aus den Haaren herauswaschen?
Spezielle „Detox-Shampoos“ werden oft beworben, sind aber für forensische Analysen unzuverlässig, da EtG fest in der Haarmatrix eingelagert ist. Zudem können Labore Manipulationen oft durch Begleitstoffanalysen erkennen.
Wie schnell nach dem Trinken ist EtG im Haar?
Es dauert etwa 1 bis 2 Wochen, bis das alkoholhaltige Haar aus der Kopfhaut herausgewachsen ist und für eine Analyse abgeschnitten werden kann. EtG lagert sich über die Haarwurzel und den Schweiß in das wachsende Haar ein.
Welchen Einfluss hat meine Haarfarbe auf den Wert?
Im Gegensatz zu Drogenanalysen, bei denen dunkle Haare Substanzen oft stärker binden, spielt die Haarfarbe (Melanin) beim EtG-Wert eine geringere Rolle. Die Einlagerung erfolgt eher über Schweiß und Diffusion, ist also bei allen Haartypen ähnlich.